Wenn man
Kindern die Hände liest, so ist das insbesondere für die Eltern sehr
aufschlussreich. Es kann ihnen helfen, ein oder mehrere Aspekte des Wesens ihres
Kindes besser zu verstehen, um es auf seinem Lebensweg noch besser und
liebevoller zu begleiten.
Da kam zum
Beispiel einmal eine Mutter mit einem kleinen Jungen zu mir, der ihr, wie sie
sagte, ständig «Löcher in den Bauch fragte» und überhaupt höre der den lieben,
langen Tag nie auf zu reden. Einerseits freute sie sich über die rege
Kommunikation ihres Jungen, empfand es aber als alleinerziehende Mutter gleichzeitig
auch als anstrengend und reagierte deshalb oft ungehalten auf seinen Redefluss
und auf seine Neugier, alles wissen zu wollen. Ein Blick in die Hände des
kleinen Jungen genügten, um zu sehen, dass da Apollo, Merkur, eine
leidenschaftliche Herzlinie sowie die Elemente Feuer und Luft am Werk waren.
Apollo steht für die kreative Ausdruckskraft eines Menschen, Merkur versinnbildlicht
einen ausgeprägten Kommunikationssinn, die leidenschaftliche Herzlinie will
ständig im Mittelpunkt sein, das Feuer ist impulsiv und die Luft neugierig. Wie
sollte der Junge mit diesem Mix in seinen Händen bloss ruhig sein? Ich erklärte
der Mutter die Rolle der einzelnen Protagonisten in den Händen des Jungen und ihr
Zusammenspiel miteinander. Was auf sie wie Unruhe und Hektik wirkt, ist für den
Jungen eine Quelle der Inspiration und des fortwährenden Lernens.
Dass der Junge
so viel Neugier, Kreativität und Kommunikation in seinen Händen mit sich
rumträgt hat der Mutter geholfen, diese Eigenschaften als positive Qualitäten
wertzuschätzen und nicht als etwas zu sehen, das man a priori ändern muss. Um
in einer Gemeinschaft zu leben, müssen allerdings ein paar Spielregeln befolgt
werden. Während des Readings habe ich gemeinsam mit Mutter und Kind ein paar
dieser Spielregeln entworfen und zur Anwendung vorgeschlagen. Nebst konkreten
Vorschlägen, dass die Mutter sich zum Beispiel einen Fundus an Denkaufgaben und
Lektüre zu speziellen Interessensgebieten des Jungen zulegt, auf den sie
jederzeit zurückgreifen kann, um seine Neugier zu stillen, ging es mir darum,
dass der Junge lernt, im Zusammenleben mit seiner Mutter einen kleinen Anteil
dessen zu integrieren, was offensichtlich in seinen Händen wenig bis gar nicht
vorhanden ist: Ruhe, Kontemplation und Innenschau. Damit lernt er auch das
Anderssein seiner Mitmenschen zu respektieren. Wir einigten uns darauf, dass er
sich abends eine ganze Stunde lang alleine beschäftigt und seine Mutter nach
der Arbeit erst einmal zu Hause ankommen lässt. Was dieses sich alleine
beschäftigen sein könnte, gab noch Grund zu regem Austausch zwischen Mutter und
Sohn. Am Ende kam aber doch eine ganze Liste an Dingen zustande, mit denen
beide einverstanden waren. Das wichtigste am Reading waren für Mutter und Kind
nicht in erster Linie die Lösungen, sondern die Erkenntnis, dass jeder anders
funktioniert, die Bereitschaft das Anderssein des Gegenübers zu akzeptieren und
gemeinsam einen Dialog darüber zu führen.
www.handaufsherz.ch
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